Katrin ist arbeitslos, schon seit einiger Zeit. Das Gefühl, nicht gewollt, nicht gebraucht zu werden, nagt an ihrem Selbstwert, trägt mit bei zu einer depressiven Stimmung. Der Stellenmarkt ist eng. „Was soll ich nur machen? Auf welchen anderen Berufsweg könnte ich mich begeben?“ fragt sie. Ich schlage ihr vor, eine Liste aller Fähigkeiten zu erstellen, von allem was sie gut kann. Es täte ihr gut, sich zu vergewissern, was sie kann und vielleicht entstünden daraus ja auch Ideen für eine neue berufliche Orientierung. Sie hat Mühe mit dem Vorschlag. „Ich kann doch nichts.“ Nach einigem Ermutigen lässt sie sich zögernd auf meinen Vorschlag ein.
Die Liste ist beeindruckend. Ich freue mich, wie viel ihr eingefallen ist, bin regelrecht begeistert. Sie kann sich gleichwohl nur zögerlich damit identifizieren. „Das ist doch alles nichts Besonderes.“ Ich halte dagegen: „Darauf können Sie stolz sein!“ Nein, das gehöre sich nun wirklich nicht – und überhaupt, sie habe doch gar nichts dafür getan, was sie könne. Es sei ihr halt zugefallen.
Ich komme ins Grübeln – was ist denn nun mit Stolz?
Eigentümlicherweise finde ich in keinem mir gerade zugänglichen psychologischen oder philosophischen Wörterbuch etwas zu diesem Gefühl. Ein Internet-Wörterbuch (Wiktionary) hilft schon eher weiter. Es vermerkt als eine Bedeutung von Stolz: „(sich) seiner Fähigkeiten und Leistungen bewusst und erfreut darüber, im Selbstgefühl gestärkt“. Damit kann ich mich anfreunden. Ich halte es für heilsam, Stolz zu entwickeln.
Für den Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls scheint es mir wesentlich, Erreichtes als Erfolg eigener Leistung zu sich zu nehmen, sich selbst damit wertzuschätzen. Stolz ist ein Gefühl der Genugtuung und Zufriedenheit über das Eigene, so würde ich eine Definition versuchen. So verstanden ist Stolz ein wichtiges Element des Selbstwertgefühls, der Selbstachtung und der Identität. Vielleicht kann man ihn so sogar als eine tiefe Form der Freude verstehen.
Das Eigene ist dabei nicht nur das selbst Entwickelte und Geleistete oder mir Angeeignete. Ich kann auch stolz auf das von einer Gemeinschaft Hervorgebrachte sein, der ich zugehöre, vorausgesetzt, es entspricht meinem Sinn- und Werteverständnis.
Dann ist der Stolz auf meine Familie, meine Stadt, Heimat, Fußballmannschaft usw. ein wichtiger Teil meiner Identitätsbildung.
Wenn Zufriedenheit und Freude Stolz als Gefühl ausmachen, dann ist Stolz zweifellos ein Antidepressivum. Die Entwicklung von Stolz halte ich daher für heilsam und betrachte dessen Herausbildung als ein wertvolles therapeutisches Ziel. Die Ablehnung von Stolz erscheint mir dagegen als subtile Form der Selbstabwertung und falsch verstandene Bescheidenheit.
Natürlich hat der Stolz auch eine Schattenseite. Im lateinischen Ursprung „stultitia“ = Torheit, Dummheit ist nur diese negative Seite angelegt. Wir verbinden sie mit Unnahbarkeit, Überheblichkeit und Arroganz. Sie enthält das Moment der Abwertung des Anderen und der Selbstüberhöhung. Es ist ein übergroßer Drang nach Bestätigung und Anerkennung. Hier ist Stolz nicht von innerer Würde und Sicherheit getragen, sondern wohl eher der Versuch der Kompensation eines schwachen Selbst.
Die positive selbst-achtende Seite des Stolzes entfaltet sich nur in Verbindung mit der Achtung des anderen.
In diesem Sinne:
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und dankt allen, die mitgeholfen haben, insbesondere dem problemlösenden Gestalter: Michael Steinmann.